Pilgern … vom Winde verweht
Heute Abend habe ich in der Jugendherberge in Monschau-Hargarten – es gibt auch noch eine unten im Tal – eine 11 Tagebilanz gezogen. Es sind mittlerweile 1099 gefahrene Kilometer und 7.435 Höhenmeter. Und es geht mir recht gut, auch wenn ich heute zwar nicht die längste Etappe, aber die mit den windigsten Umständen hatte. So schlage ich den Bogen auf heute Morgen. Wir, mein Schwager Ali und ich sind bereits um 6 Uhr in Grevenbroich (unweit des Braunkohletagebaus) aufgestanden, kurz gefrühstückt und dann auf die Räder. Er hat mich entlang der Erft eine Dreiviertelstunde begleitet – vielen Dank für die Gastfreundschaft.
Der Pilgerweg führt durch Alt-Kaster, ein Mittelalterliches Kleinod an der Strecke – und hier schlafen noch alle um kurz vor Acht am Samstagmorgen. Mir ist übrigens bewusst, das dieses flache Teilstück bald zu Ende ist, und es dann von ca. 50 m ü. NHN auf zum Schluss 570 m über dem Meeresspiegel kontinuierlich hoch geht und es werden lange 124 km (8 Stunden Sattelzeit).
Das mit der Steigung geht jetzt los und die vielen Windmühlen Kurbeln schnell, d.h. es ist starker Wind und der kommt von Westen – und der Aachener Dom liegt im Westen. Mir steht ab jetzt der Wind frontal im Gesicht und das über den ganzen Tag. In den Ortschaften gibts dann ein wenig verschnaufen, auf der Suche nach offenen Kirchen. Das fällt heute irgendwie aus, denn sie sind fast alle zu.
Die erste große Pause mache ich in Jülich nach zweieinhalb Stunden und mache eine Statio an der Zitadelle – sie ist im Stil der italienischen Hochrenaissance gebaut und steht sogar auf römischen Fundamenten. Heute ist hier ein Museum und das städtische Gymnasium beheimatet.
Am Stadtausgang steht das Hexentor. Ob das am Tor stehende Kunstobjekt einen Bogen spannen soll?
Meine Strecke geht jetzt über das Indenland. Das sind tlw. neue Dörfer, die durch den Braunkohletagebau entstanden sind bzw. am Rande des Gebiets stehen. Hier mache ich „Windrast“ unter einer uralten Linde mit einem Wegekreuz. Auf der weiteren Strecke ist ein Gedenkstein installiert, der an das Dorf „Langweiler“ erinnern soll, welches in den 60er/70er Jahren umgesiedelt wurde.
So langsam komme ich in die Städteregion Aachen und es geht durch viele Stadtteile von Würselen nahtlos nach Aachen ins Zentrum am Dom. Es ist Touri-Betrieb, als wenn die Zeiten normal wären. Für in den Dom hineinzukommen stehen die Menschen an. Im mogele mich bis zum Domschweizer, der mit Maske am Eingang den Zustrom reguliert. Er ist so nett und organisiert mir den Pilgerstempel bei den Kollegen. Seine Kontrollfunktion wird durch ein kurzweiliges Gespräch bereichert und dann habe ich auch schon meinen letzten Pilgerstempel für die Tour, da ich vermute, wenn ich in am Montagnachmittag in Trier ankomme, wieder alles zu ist.
Unweit des Domplatzes genehmige ich mir ein Weizen alkoholfrei und eine Gulaschsuppe. Heute braucht der Körper jede Menge Salze usw. und es sind ja erst 75 km geschafft. Um 14 Uhr gehts weiter und eine nette Dame auf einem Rad zeigt mir den besten Einstieg auf die Vennbahn. Diese alte Bahnstrecke wurde mit Belgien und Luxemburg zusammen zwischen dem Aachener Bahnhof Rothe Erde und Troisvièrges in Luxemburg zu einem der längsten Bahnradwege Europas ausgebaut (125 km). Ich bin die Strecke schon einmal mit der FairPlay-Tour mit 300 jugendlichen Radfahrern geradelt. Das war aber in der Woche. Heute am Samstag ist Rushhour zwischen Km 0 und meinem Ausstieg vor Monschau bei Km 47,5. Da ich bis Km 38,5 nur hochfahre und es schon Nachmittag ist, kommen mir die Meisten entgegen.
Es ist auch ein bisschen ein Freilichtmuseum am Radweg. Die alte Bahnstrecke verläuft in dem heute gefahrenen Bereich unmittelbar an der Grenze zu Belgien und es ist dann nur erkennbar, wenn, wie bei meiner Rast die Getränke und Speisen aus Belgien kommen. Ich genehmige mir nach 100 km noch zuckerhaltiges Wasser. Denn es geht noch ab Roettgen (Km 30) auf dem „RAVeL – 48“ von 400 m auf 570 m ü. NHN.
In Lammersdorf ist bei Bahn-km 38,5 die Höhe für heute erreicht und ich kann wieder über 20 km/h fahren. Das hat dann ein jähes Ende bei der Abfahrt Monschau. Es geht einen Km in Serpentinen runter und wieder einen nach oben und dann bin ich um viertel vor Sechs in der Jugendherberge. Die Küche hat noch eine Abendessen für mich und nach dem Duschen steht an der Ausgabetheke ein Salat und Spaghetti Bolognese an – hatte ich noch nicht auf der Tour. Radlerbier und Cola ist dann angesagt um den Blog weiterzuschreiben.
Respekt Karl Josef.
Die ganze Zeit gegen den Wind. 😳
Das ist schlimmer als Steigungen.
Komm gut zurück morgen. 🚴