Tag 15: Täler- und Museen am Lot und Dourdou von Estaing nach Figeac

Motto: Ein Museum schöner wie das Andere – jeder Tag hat seine Überraschung – und das nur im Sonnenschein 

Der Tag hat so einige Überraschungen eingepackt – ein Museumsstück jagt das andere.

Am Morgen zuerst das Petit Déjeuner – Chez Christophe mit der resoluten Chefin und ihrem baskischen Adjudanten. Alle Pilger an dem langen Tisch sind neben dem Vertilgen von Pain, Confiture, Joghurt, Beurre, süßem Kuchen und Zwieback beschäftigt. Im Trockner werden die letzten Klamotten getrocknet und die Wahlen sind erledigt; wichtiger ist jetzt wieder die individuelle Wanderschaft.

Da ich bereits alles parat habe, kann ich nach dem Frühstück kurz vor 8 Uhr starten und werde allenthalben mit Bon Voyage verabschiedet – mit dem Fahrrad und dann noch aus Allemagne bin ich noch ein Exot auf dem Camino – aber der Respekt ist in den Gesichtern und dem Interesse an meiner Tour zu erkennen.

Die Strecke steigt vom Lot-Tal aus dem Nebel von 320 m auf 65 0m Höhe. Die Sonne zeigt sich bereits auf 500m Höhe und die rd. 7% Steigung ist nach einer 3/4 Stunde überwunden. Die Landschaft wechselt ihr Gesicht – erodierter roter Sandstein tritt zu Tage – und lässt das Wasser der letzten 2 Tage raus. Überall rauschen die  Bäche und der Fluss Dourdou – Zufluss zum Lot – fließt mit hoher Geschwindigkeit durch sein schmales Flussbett im schmalen Flusstal; die Ortschaften und Höfe sind hier weit genug von den größeren Gewässern entfernt auf höheren Ebenen entstanden; die Menschen vor unserer Zeit der Urbanisierung aller „möglichen Räume“ wussten schon um die Problematik von Hochwasser.

Das zweite Museum (das erste war die kurze Rundfahrt in Estaing) ist Conques (=Muschel – der Name wurde im 8. Jh von Ludwig dem Frommen verliehen).
Die Benediktinerabtei aus dem 9.Jh ist seit Beginn der Jakobuspilgerschaft eine der wichtigsten Stationen. Die Abteikirche hat gigantische Ausmaße. Alle Häuser sind ein zusammenhängendes Museum. Und dann ist da noch die museumsreife Pilgerbrücke über den Fluss (ist mit Verkehrszeichen ausgestattet – in Frankreich passt überall noch ein Auto durch).
Da es hier kein Geschäft gibt, will ich mir dann beim nächsten Halt ein Baguette kaufen.

In Grand-Vabre rauscht der heute braunrot eingefärbte Dourdou in den Lot. Bis auf eine „Welle“ (Radfahrerjargon), die es in sich haben wird kurz vor Figeac, geht es immer mehr bergab wie hoch.
In Livinhac-le-Haut (sogenanntes Lot-Knie – der Fluss mäandert wie unsere Mosel) gehts, wie der Name schon sagt, hoch ins Dorf – unten angeschlagen sind Fahrradservice und Geschäfte. Pünktlich um 13 Uhr bin ich oben am Kirchplatz im  Centre Ville, aber alles ist zu. Es ist schließlich Montag und dann auch noch Siesta-Zeit. Das merken auch die zwei franz. Pilger, die hier ebenfalls unverrichteter Dinge eintreffen.

Meine Pause gestaltet sich mit den Notrationen Apfel, Madeleine-Milchbrötchen, Powerriegel und Wasser; für die letzten 25 km finde ich auch noch Magnesium-Direkt-Pulver. Und es lohnt sich, Kleidung abzulegen – wir sind bereits bei über 20 Grad.
Die Strecke entlang des Lot bis Capdenac verläuft auf der D 840 – ohne Radstreifen und mit viel Schwerverkehr; Angst ist hier der falsche Ansatz – eher Konzentration und und und…

In Capdenac kann die Strecke nach Figeac über einen „kleinen Berg“ abgekürzt werden – 3 km hochfahren ist angesagt. Zum Runterfahren ziehe ich wegen dem immer noch frischen Fahrtwind wieder die Jacke an und lande dann im nächsten Museum Figeac.

Zur Museumsrunde finde ich eine Broschüre im Office de Tourisme – mit dem Tampon (Stempel). Die Runde gestalte ich nach dem Einchecken bei Frau Cassagnes und ergänze dies später mit ein wenig Proviantversorgung und einer würzigen Pizza zum Abendessen.

Die Runde mit Point Of Interest (POI) ist eine spannende Geschichte und führt tief ins Mittelalter. Hier wird auch wirklich versucht, die historischen Gebäude zu erhalten und zu konservieren. Ein besonderer Sohn der Stadt ist Francoise Champollion, der in Ägypten den Stein von Rossette gefunden hat und maßgeblich mit dazu beigetragen hat, die Hieroglyphen zu entziffern; eine übergroße Nachbildung ist auf dem Rundgang zu sehen – das es Montag ist, hat das zugehörige Museum natürlich geschlossen.

Aber das beste Museumsstück ist meine „Herberge“. Frau Cassagnes betreibt eine Pilgerherberge. Da diese bereits voll war, wurde mir bei der Reservierung ein Privatzimmer im Hause C. angeboten (45 € – ok wie AirBnB dachte ich).

Aber ich residiere heute im Gebäudekomplex des ehemaligen Besitzers Galiot de Genouillac, dem Großmeister der Artillerie Franz I. und Senechall des Quercy (POI in Figeac). Das Haus und das Zimmer sind ein Museum – AirBnB Spezial).

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