Tag 30: Von Kastilien nach Arzúa in Galicien
Jeder Tag hat ja so seine Besonderheiten.
Die Nachtruhe war trotz Schulklasse entspannt und ich bin am Morgen erster im Sanitärtrakt (lange Übung bei der Fairplay-Tour zahlt sich aus).
Beim Frühstück stelle ich fest, dass mein Garmin Navi ein „reset“ gemacht hat. Das bedeutet, Karten sind drauf, aber alles ist auf Werkseinstellungen zurückgsetzt und keine Routen mehr da. Der Camino wirkt vielleicht schon ein wenig, denn irgendwie gehe ich relaxt an die Sache ran. Ich übertrage mit Bluetooth und dem iPad die geplanten Strecken wieder auf das Garmin-Gerät. Das funktioniert dann auch alles und so bin ich um Viertel vor Acht wieder On the Road.
Auf dem jetzt sehr oft parallel zur Straße verlaufenden und auch immer wieder die Straße kreuzenden Camino sind einige Schulklassen schon unterwegs. Das ist gut für die Statistiken der in Santiago ankommenden Fußpilger (die letzten 100 km zählen hier nur). Über den Sinn solcher Aktionen – und auch die Touri- und Buspilger – lässt sich wohl trefflich diskutieren. Aber für das Geschäftsmodell an der Strecke wird einiges getan – und das seit Jahrhunderten. Da steht dann auf der Strecke neben einem Laternenmast einfach mal so ein Kühlschrank mit Getränken und daneben ein Pizzaautomat (in 5 min fertig = 10€). Und das Merchandising zum Thema kennt in den Bar, Restaurants und Läden keine Grenzen mehr; hier gibt es dann auch keine Siesta zwischen halb Drei und Fünf Uhr.
Heute habe ich wenige aufregende und interessante Bilder festgehalten – denn die Strecke ist eintönig, aber rauf und runter, und in den größeren Ortschaften ist nur Durchgangsverkehr mit jeder Menge Schwerlastverkehr. Die Pilger an den Raststätten sind wohl so fertig und platt, dass der Lärm des Autoverkehrs ihnen auch nichts mehr ausmacht.
So nach 4 Wochen auf Europas Straßen habe ich schon große Zweifel mit dem Erreichen der CO 2 Ziele. Diese Menge an Schwerlastverkehr – und in Frankreich und Spanien ist viel mehr Individualverkehr unterwegs – kann unmöglich dafür sorgen, dass der Verbrennungsmotor so schnell ersetzt werden kann.
In Ventas de Naron – ein Marktflecken nur mit Pilgerversorgung – bekomme ich den ersten Stempel, denn mit dem Stempel heute Abend in der Herberge habe ich dann die geforderten zwei Nachweise pro Tag (Radfahrer auf den letzten 200 km – ab Ponferrada).
Dann wage ich mich ich nochmals von der Straßenstrecke auf den Trail und erlebe Gegenverkehr mit Kühen, abschüssige Hohlwege, Querrinnen, Wasserdurchfahrten und dann eine kleine Kapelle in der Pampa, wo die Pilger in Reihen anstehen für den „2.Stempel“. Für eine organisierte Gruppe aus London bin ich Gesprächspartner, da hier einige Radenthusiasten dabei sind – das ist dann auch wieder der Camino!
Jetzt will ich aber wieder auf die Straße, verlasse den Fußcamino und bin der Navigation meines Garmin und der hinterlegten Karte von Openstreetmap ausgeliefert, die mich mit einigen 10-12 % kurzen Steigungen wieder auf die geplante Strecke zurückführt. Da die Strecke heute mit 55 km relativ kurz, aber durchaus mit über 1.000 Höhenmetern bergig ist, sind die Kräfte noch da und ich bin dann bereits um kurz vor 2 Uhr am Nachmittag angekommen.
Es ist Zeit zum Durchchecken aller Radtaschen – ich bin noch alleine in diesem 20 er Zimmer – Zeit zum technischen Dienst am Fahrrad (bisher keine Panne… toi toi toi – sieht man von der notwendigen Waschstraße ab.
Und zum Abendessen gönne ich mir eine „Plates“ mit Spiegelei, Patatas Frittes und Schweinelende im „Paprikamantel“, dazu Cervesa 0,5 Liter für zusammen 11,50 €.
Buen Camino
Tach Karl-Josef, seit dem Start „verfolge“ ich dich auf deinen täglichen Etappen hier im Reiseblog. Sehr, sehr interessant, was du da bisher erlebt hast und hier berichtest. Und seit du auf dem Camino Frances unterwegs bist, kommen bei Josefa und mir die Erinnerungen an unsere Pilgerreise im Herbst 2015 wieder hoch und wir erkennen Vieles wieder.
Wir freuen uns auf die weiteren Berichte und natürlich Bilder deiner Camino-Radtour und wünschen dir, bei hoffentlich gutem Rad- und Pilgerwetter, eine weiterhin erlebnis- und begegnungsreiche Reise. Bleib gesund und munter!
Beste Grüße aus Breit
Hermann & Josefa