Tag 31: Das Hauptziel der Pilgerreise ist da: Santiago de Compostela
Der Tag beginnt ohne Frühstück mit bergab und bergauf im Nebel – die Brille beschlägt mit Nebeltropfen. Nach 25 km finde ich die erste geöffnete Bar für ein Frühstück – El desayuno“ an der N 547 – der Schwerlastverkehr hält sich aber in Grenzen.
Vor der Zufahrt zum Monte Gozo steht der 10 km Camino-Hinweispfeiler und dann sind es drei kurze, heftige Rampen auf dem befestigten Camino (12-14 %), die den zahlreichen Fußpilgern Beifall, „Vamonos“ und „Buen Camino“ entlocken.
Nach dieser kräfteraubenden Anfahrt zum Pilgerdenkmal ein Café con Leche und ein traditioneller Kuchenbiskuit für stolze 5,50 € – der Pilger zahlt.
Dann folge ich den Schildern, sehe heute nicht die Kirche von oben – wegen Nebels – und gleichzeitig verpasse ich die Querfahrt zum Pilgerdenkmal; das habe ich dann am morgigen Ruhetag mit Fernsicht und Ruhe nachgeholt.
Der Weg durch die Stadt ist ein ewiger Bandwurm von Fußpilgern, Schulklassen, Rucksackpilgern mit sehr leichtem Gepäck und heute einem Radfahrer bis zur Kathedrale. Zum Plaza de Obradoiro geht’s dann noch abwärts über ein Treppenpaket und dann stehe ich da auf dem riesigen Platz vor der Kathedrale – angekommen!
Es ist ein anderes Gefühl als bei einem von Außen umjubelten Zieleinlauf beim Marathon. Ich bin ja heute bei meiner eigenen Veranstaltung. Das innere Erlebnis, es bis hierhin unfall- und pannenfrei geschafft zu haben, bewegt schon.
Und der Camino, das ist der Weg – und davon bin ich überzeugt – den ich selbst gehe, fühle, erlebe, teile und erzähle. Die äußeren Umstände rücken da dann doch weit in den Hintergrund – Ultreïa -.
Das Abholen des Credential, der Urkunde für den Pilger, ist voll durchorganisiert.
QR-Code scannen, Daten ausfüllen, über Name, Kontaktdaten, zurückgelegter Camino womit und mit Begründung, abschicken, Nummerncode zum Aufruf, Schlange stehen (wie im Bürgeramt), und hier mit Maske! Der Pilgerpass wird dann nach dem Aufruf geprüft und die von mir angegebenen 2.470 km werden eingetragen.
Dann gehe ich in die Kathedrale und lasse mir Zeit, hier alles auf mich wirken zu lassen (hier ist auch Maskenpflicht). Der Gottesdienst ist heute Abend um halb Acht, und so fahre ich in die über Booking.com gebuchte einfache Unterkunft (für 2 Nächte) gegen den Pilgerstrom zurück.
Hier versorge ich mich zuerst und gehe dann gemütlich in das in der Nähe liegende Einkaufszentrum und besorge Proviant für die nächsten Tage und es gibt ein Mittagessen in einem der Restaurants im Obergeschoss.
Der Gottesdienst am Abend ist wg. der spanischen Sprache etwas schwerer zu verfolgen, aber die Wesensmerkmale sind ja in den katholischen Kirchen gleich. Neben mir sitzt „Janina“ – eine junge Frau aus Mexico – die nach ihrem Studium ihr weiteres Berufleben wg. dem Camino unterbrochen hat. Sie ist den Weg von Saint-Jean in 33 Tagen gegangen (hatte 40 Tage eingeplant) und kann jetzt noch einige Tage in der Pilgerhauptstadt Europa bis zum Rückflug nach Mexiko erleben und verbringen.
Es ist ein frischer Wind auf dem Rückweg und die Jacke mit langem Arm ist sehr hilfreich. In der Unterkunft gönne ich mir noch ein selbstgemachtes Baguettebrot und dann ab in das Etagenbett (bisher hatte ich immer Glück und durfte unten schlafen). Der Wecker ist ausgestellt und es ist durchschlafen bis Acht Uhr angesagt.