Tag 23: Durch die Rioja über Logroño nach Santo Domingo de la Calzada

Motto: Was einfach anfängt kann im ersten Abenteuer auf dem Camino enden – trotzdem geschafft!

Hurra, mein Fahrrad und ich leben noch – eine Schlammschlacht erfordert besondere Maßnahmen – aber – von Anfang an.

Der Regen bleibt heute während der Fahrt aus. Ich kann nach dem akzeptablen Frühstück für 4 EUR in den ersten Berg starten. Mit Arm- und Beinlingen und Windshield-Jacke fühlen sich die 10 Grad ganz angenehm an. Im ersten Ort Torres del Rio steht die aus dem Templerorden entstandene romanische Kirche Santo Sepulcro mit achteckigem Grundriss (ähnlich wie in Jerusalem). Danach gehts in den Berg, diesmal mit entspannender Musik aus Taizé. Ich treffe auf zwei Radenthusiasten aus Venezuela. Wir unterhalten uns kurz und dann gehts weiter bergauf und bergab. Dabei quietschen meine Bremsen mittlerweile sehr stark; da muss Zeit für einen Service eingeplant werden. In Logroño, der heimlichen Hauptstadt der Rioja, sehe ich einen Radhändler. Hier will ich die Luft prüfen und die Bremsklötze wechseln. Im Laden steht der Bike-Kollege von der letzten Übernachtung in Los Arcos; eine defektes Steuerrohr. Dem Pilgerkollegen aus Wales wird geholfen und in der Zwischenzeit kann ich mit der ausgeliehenen Standluftpumpe den Luftdruck auf Vordermann bringen. Danach gehts an die Magura Bremsklötze. Der Radmechaniker hilft mir freundlicherweise und stellt fest, dass die Backen o.k. Sind, lediglich in der Höhe nachjustiert werden müssen. Und siehe da – das Quietschen ist weg. Die Hilfestellung gabs für mein Pilgerfahrrad kostenlos – Vamonos!

Die Kirchen in Logroño sind jede für sich interessant – und teilweise mit Musik im Innenraum hinterlegt. Im Tourismo gibt’s den Stempel und weiter geht die gute Fahrt.

Ausgangs von Logroño halte ich die frühe Mittagsrast und dann fahre ich weiter auf dem Pilgerpfad in Richtung Navarette. Der Weg durch den Park Grajera am Stausee ist bewusst naturbelassen ausgebaut und so kann ich schon mal ein wenig Meseta-Camino üben. Da es nur feucht ist und der Regen der letzten Tage nicht so viel aufgeweicht hat sind die 5 km zu ertragen. In Navarette sind noch die Überreste eines Klosters an einem 1er Cru Weingut zu sehen. Am Ortsausgang ist ein altes romanisches Friedhofsportal zu sehen und dann gehts von 400 m auf 650 m immer parallel zur Schnellstraße. Zuerst auf der Nebenstraße und dann auf dem fest geschotterten Weinbergsweg. Dieser wird auf den nicht enden wollenden 5 km mit der Zeit immer schlammiger; es ist hier die Gegend mit weichem roten Sandstein und der Regen der letzten Tage hat ganze Arbeit geleistet – aber die Fußpilger und der deutsche Radfahrer lassen sich nicht schrecken.

Es gibt auch keine Ausweichstrecke bis kurz vor Najera, sodass das Schicksal seinen Lauf nimmt. Plötzlich ist die Schnellstraße weg (Tunnel) und die Strecke verwandelt sich auf ca. 500 m in einen Hohlweg, wo der Regen ganze Arbeit geleistet hat; die Pilger am Abend sind später alle ihre Schuhe im Hof am Reinigen.

Ich schiebe das Fahrrad und schaue mir die von den Pilgern am Rand gebildeten Steinmännchen an. Das ganze dauert nachher für mich eine Stunde; das Fahrrad hat sich einmal im Schlamm zur Seite gelegt. Zum Schluss hilft mir ein herbeieilender Arbeiter aus dem nahen Weinberg, das Fahrrad aus dem Hohlweg auf den darüber liegenden Weinbergsweg zu schieben und zu heben. Da der Raum zwischen Reifen und Schutzblech mit Schlamm zugesetzt ist, ist an Radfahren erst einmal nicht zu denken. Schnittgut aus dem Weinberg hilft, wieder „Freiräume“ zu schaffen; aber die rote Pampe ist zäh und verschmutzt alles.

Erst auf dem nächsten befestigten Weg starte ich die erste Grundreinigung und spüle mit der Trinkwasserflasche die Bremsen. Fahren geht, aber alles – incl. der Radschuhe sieht schon sehr mitgenommen aus. Da naht am Ortseingang von Najera die Rettung – ein „Carwash“ zum Selbermachen. Mit 2 x 1 € schaffe ich es, das abgerödelte Fahrrad mit Schaumwäsche aus der Hochdruckpistole freizusprühen; und die Taschen werden auch noch sauber. Es ist noch mal gut gegangen.

Najera bleibt links liegen und es geht auf der leeren N 120 parallel zur Autobahn auf 650 m hoch und dann zügig nach Santo Domingo. Der Stempel fällt heute aus und es geht direkt in die kommunale Herberge mit einem dauerkrähenden Hahn im Hof und einer Kapazität von 17o Betten auf 3 Etagen (11 EUR/Nacht). In meinem Zimmer sind 5 Doppelstockbetten – alle bis zum Abend belegt. Alles ist sauber – nur die Duschköpfe haben wie überall Probleme. Meine roten Schuhe werden neben dem Dauerkräher gesäubert – hoffentlich sind die morgen früh trocken.

In der Stadt sind jede Menge Pilger unterwegs. Ich finde eine Bodega, in der ich mir ein Entrecôte mit 2 Gläsern Rioja-Rotwein bestelle – für 14 €! Am Tisch komme ich mit Martin aus Montreal in Kanada ins Gespräch und über dem Essen reden wir über Gott und die Welt; er hat sich 2 Monate für den Camino Francés vorgenommen. An den Nebentischen ist eine größere deutschsprachige Runde und ein finnisches Ehepaar hat auch noch Hunger.

Zurück in der Herberge begebe ich mich dann in mein Zimmer Nr. 5 im 2. Stock, Bett 6 unten. Es grüßen die ZimmerkollegInnen aus Italien, Rumänien (kann ein wenig Deutsch – aus Transsylvanien), aus Südtirol und…

Das war dann schon insgesamt ein spektakulärer Tag – das ist auch der Camino!

Ultreïa

 

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