Die Erfahrung von Pilger auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela – ob Wanderer, Radfahrer oder Reiter – hat eine Mitarbeiterin des „Freundeskreis der Jakobuspilger“ in Paderborn so formuliert: „Der Weg lässt einen nie wieder los, wenn man ihn einmal beschritten hat.“
Meine bisherige Erfahrung auf meiner Rundreise auf deutschen Jakobswegen im Jahr 2020 und die folgenden Hinweise, Tipps und Anregungen aus Reiseführern und Reiseblogs zum Thema „Radpilgern“ sind im Folgenden aufgelistet:
Thematische Auseinandersetzung
In der Reihe „Mein Camino – Gedanken zum Pilgern“ geht es um das Spirituelle, das Kulturelle und meine Motivation für eine Reise auf dem Jakobsweg. Die Reihe ist nicht abschließend und wird während meiner Reise ergänzt um die Reihe „Mein Camino – Erlebnisse beim Pilgern“.
Woran erkenne ich den Camino-Pilgerweg?
Die „GR“-Markierungen:
In neuerer Zeit ist der spanische Jakobsweg zu einem schönen, knapp ausgebaut geworden, der von den Die spanischen Wandervereinigungen haben dem ca. 800 km langen Fernwanderweg die Bezeichnung „Gran Recorregut Nr. 65“ mit rot-weißen Markierungen verliehen. Der „GR 65“ bezeichnet den Hauptweg „Camino Frances“ mit Beginn in Roncesvalles; der „GR 65-3“ den Aragónesischen Weg vom Somport-Pass über Jaca nach Puente la Reina; und der „GR 65-5“ den Jakobsweg durch Katalonien und Aragón. Verlaufen der rote und der weiße Strich der Markierung parallel zueinander, ist man auf dem richtigen Weg; kreuzen sie sich, ist man falsch abgebogen. Nach jeder Richtungsänderung erhält der Wanderer eine Markierung zur Bestätigung. Die GR-Markierungen sind die zuverlässigsten Wegweiser auf dem Jakobsweg.
Die „Muschel und Pfeil“ Markierungen:
Zusätzlich haben die Provinzregierungen eigene Zeichen aufgestellt: Die stilisierte gelbe Jakobsmuschel auf blauem Grund. Sie kommt in zweifacher Form vor. Einmal als Verkehrsschild für Autofahrer entlang der Nationalstraßen und einmal als Hinweis auf dem Wanderweg. Beide Schilder sehen fast gleich aus. Auf dem Wanderweg-Schild befindet sich jedoch unterhalb der Muschel ein schwarzes Männchen auf weißem Grund. Diese Schilder sollte man nicht verwechseln! Auf dem Wanderweg sind Wegkreuzungen mit etwa 50 cm hohen Betonsäulen gekennzeichnet, in die eine blaue Kachel mit dem Muschelsymbol eingelassen sind. Diese Kacheln findet man auch bei Ortsdurchquerungen an Hauswänden vor.
Gelbe Pfeile an Hauswänden, Bäumen, Steinen etc. sind i.d.R. weitere Markierungen, die aber nicht immer „richtungsweisend“ sind. Restaurants oder Märkte nutzen diese, um auf ihre Einrichtungen hinzuweisen.
Die genannten Markierungen sind ideal für Wanderer und Mountainbiker. Für den Tourenrad-Fahrer sind sie eher Orientierung und grobe Orientierung in der Nähe von Ortschaften. Oftmals macht es aufgrund der Profilierung und Wegbeschaffenheit keinen Sinn, dem Fernwanderweg oder der Nationalstraße zu folgen. Hier gibt es eine Vielzahl von bereits sehr guten Reisebeschreibungen in speziellen Radreiseführern für den Camino und die entsprechenden Outdoor-Dateien im Format „gpx“ für die Navigation auf dem Fahrrad.
Vorbereitung der Reise
Ein schlauer Mensch hat einmal gesagt, dass man eine echte Reise eigentlich dreimal macht. Das erste Mal zuhause, wenn man alles plant und seinen Vorstellungen nachgeht. Das zweite Mal, wenn man wirklich unterwegs ist und das geplante erlebt und erfährt. Und das dritte Mal, wenn man wieder Zuhause ist und die persönlichen Erlebnisse im Kopf Revue passieren lässt.
Der Pilgerausweis
Als erstes besorgt man sich bei einer der Jakobusgesellschaften den sogenannten „Credencial del Peregrino“ – beim mir ist das die SJB-Trier. https://sjb-trier.de
Er berechtigt zum Übernachten in den kostengünstigen „Refugios“, die es zumindest am „Camino Francés“ fast in jedem Ort gibt. Es ist auch der Nachweis, dass man wirklich auf dem Jakobsweg gepilgert ist. Die Rückseite ist für die „täglichen“ Stempel vorgesehen. In allen Herbergen, Klöstern und Pfarrhäuser, in die man entlang des Weges einkehrt, bekommt man ein „Sello“ in ihn hineingedrückt. Denn nur wer vor Santiago mindestens 100 km zu Fuß bzw. 200 km per Pferd oder Drahtesel zurückgelegt hat, gilt als echter Pilger. Man erwirbt sich so das Anrecht auf die Compostela-Urkunde, die im Pilgerbüro von Santiago ausgestellt wird.
Reisedokumente – Kreditkarte – Bargeld – Mobilphone
Krankenversicherung: Der nächste Gang sollte zur Krankenkasse gehen, wo man sich einen „Auslandskrankenschein für Spanien“ (2-fach) besorgt. Im Krankheitsfall legt man ihn im örtlichen „Centro de Salud“ vor, und hat so Anrecht auf kostenfreie ärztliche Behandlung. Zwischen Spanien und Deutschland besteht ein Krankenversicherungsabkommen, das die Zahlungen regelt. Zwar sind spanische Ärzte und Krankenhäuser gehalten, Pilger kostenlos zu behandeln. Vertrauen würde ich darauf jedoch nicht. Wer wird wohl besser behandelt – der Zahlungsfähige oder der mittellose Patient? An der Praxis hat sich seit dem Mittelalter nichts geändert… Die Ambulanzen in Spanien arbeiten nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Wird man demnach von einem privaten Krankenwagen abgeholt, kann eine dicke Rechnung folgen. Aus diesem Grund, oder für den Fall eines nötigen Rücktransports, sollte man für den Reisezeitraum noch zusätzlich eine Reise-Krankenversicherung abschließen. In Spanien muss man Medikamente immer komplett – und Arztbesuche zum Teil bar bezahlen. So eine Versicherung ist nicht teuer und schützt vor bösen Überraschungen. Sie ist in jedem Reisebüro erhältlich.
Impfnachweis und Personalausweis: In Corona-Zeiten ist ein absolutes Muss der Nachweis des Impfstatus (QR-Code auf Mobilphone und sicherheitshalber den Status als Ausdruck in die Unterlagen); Masken und Desinfektionsmittel als kleinen Vorrat einpacken.
Große Mengen Bargeld braucht man nicht mit auf die Reise nehmen. Es gibt in jedem größeren Dorf einen Geldautomaten, der Kreditkarten akzeptiert. In den Herbergen bzw. Hotels/Hostels ist W-Lan Standard, aber es macht Sinn, wenn der Mobilphone-Vertrag ein ausreichendes Datenvolumen zur Verfügung stellt.
Zudem kann es nicht schaden, wenn man seinen Führerschein und den Jugendherbergs-Ausweis einpackt.
Gepäck- oder „Was gehört in die Packtaschen?“
Das Motto: So wenig wie möglich! Alle mitgenommenen Dinge sollten funktional und erforderlich, möglichst leicht sein und sich vielfältig verwenden lassen. Spätestens wenn man das vollbepackte Rad schieben muss und über Bäche getragen hat, dann noch mit Bergen und Gegenwind kämpft, setzt die Erkenntnis ein, dass weniger mehr ist. Lieber weniger Kleidung mitnehmen, dafür öfters waschen!
Richtig kalt wird es im küstennahen Nordspanien selten. Selbst im Winter sackt die durchschnittliche Temperatur nicht unter 12 °C. Daunenjacken und dergleichen können somit zuhause gelassen werden. Wichtiger ist ein vernünftiger Schutz gegen den Wind, der in den Ebenen recht unangenehm werden kann. Regenkleidung mit Windbreaker-Funktion leistet hier gute Dienste.
Rad- und Packtaschen
In meiner Gepäckliste sind die Modelle meiner Wahl aufgeführt. Weitere Anbautaschen (Oberrohr-Tasche und Triangel-Tasche sind für Werkzeug und elektronisches Equipment für Navigation und Mobilphone vorgesehen.
Praktische Erfahrung habe ich auch mit dem Tagesrucksack von Ortlieb mit aufblasbarem Rückpolster gemacht. Hier verschwindet die Fotoausrüstung, WC-Papier, Masken, Desinfektion etc.; und das ist bei Besichtigungstouren zu Fuß absolut von Vorteil. Da passen auch ein Regencape, Armlinge und Regenüberzug für den Helm rein. Hier sind auch eine Trillerpfeife und Pfefferspray griffbereit untergebracht.
Die schweren Gegenstände sollten in den seitlichen Radtaschen und dann gleichmäßig verteilt so angeordnet sein, dass der Schwerpunkt des Fahrrads weiterhin oberhalb der Tretkurbel verbleibt. Die Radtaschen vorne und hinten sollten ähnlich schwer gepackt sein. Naturgemäß muss das Zelt in den längs auf dem Gepäckträger montierten Packsack hinein. Die Lenkertasche sollte nur leichte Dinge beinhalten.
Fahrrad und Zubehör
Für die große Reise ist mein schwarzes Koga Tourenrad die richtige Wahl. Es ist herkömmlich mit Felgenbremsen, einer guten Magura-Schaltung mit 3×9 Übersetzung und Gepäckträger hinten und Lowrider vorne aufgerüstet worden. Die Reifen sind hochwertige „fast unkaputtbare“ 28“ Marathon Almotion 40-622; leichte Trails müssten damit auch fahrbar sein. Für den Notfall sind Speichen in den passenden Größen am Rahmen mit Tapeband dabei. Bei dem Upgrade für die große Tour wurden die Schnellspanner durch Spannachsen ersetzt; neues Tretlager, Kette und Ritzelsatz ergänzen die Aufrüstung. Am Fahrrad ist ein Rahmenschloss angebaut; eine Kette ergänzt den Sicherheitsaspekt. Bei kurzen Besichtigungspausen helfen Draht-Zahlschlösser im direkten Zugriff für die Sicherung des Gepäcks am Fahrrad. In vielen Refugios kann man das Rad im Innenhof abstellen. In Hostel‘s oder Pensionen nimmt man es mit ins Haus / auf das Zimmer. Das ist nicht ungewöhnliches, sondern wird in Spanien als ganz normal angesehen. Niemand lässt dort ein gutes Fahrrad auf der Straße stehen.
Das Licht am Fahrrad wird vom verbauten Nabendynamo geliefert; dieser liefert auch Ladestrom für das GPS-Navi/Mobil-Phone in Verbindung mit dem Trafo von Busch+Müller. Es kann von Auto-Licht auf Dauerlicht wg. der Sichtbarkeit auf den Verkehrsstraßen umgestellt werden.
Alle weiteren Ausrüstungsgegenstände sind hier zusammengestellt.
Technisches Equipment
Modernes Radtouren-Reisen auf individuellen Routen ist ohne Unterstützung mit GPS-Geräten nicht mehr vorstellbar. Basierend auf neuestem Kartenmaterial können zielgerichtete Etappen geplant und dann auch konkret umgesetzt werden. Örtliche Hindernisse durch temporäre Baustellen o.ä. können mit aktiviertem Routing elegant und ohne Stress umfahren werden. Die Geräte – ich habe mich für das Garmin GPS-Map 66s entschieden – sind allerdings energiehungrig, sodass das Drumherum schon auch gut durchgeplant werden muss. Powerbanks, aktives Laden mit Fahrraddynamo, Kabeladapter, Akkus werden zur Basisausstattung (hier ist meine wasserdichte Oberrohrtasche eine gute Ergänzung). Aber auch das Mobil-Phone und die Kamera-Ausrüstung benötigt Strom und der kann hier auch unterwegs geliefert werden. Das bedeutet aber auch, dass am Abend eine freie Steckdose sehr wünschenswert ist.